Meinung zur Politik

 

 

 

 

 

Der ehrliche Weg aus der Schuldenkrise – Vor- und Nachteile
 
Was sind die Vorteile und die Nachteile der ehrlichen also marktwirtschaftlichen Schuldenlösung, gegenüber der bislang praktizierten Lösung, die Schulden per ESM zu kollektivieren ?
Beginnen wir mit den Nachteilen der ehrlichen Lösung:
Der Hauptnachteil der marktwirtschaftlichen Lösung wird darin bestehen, dass es kurzfristig zu heftigen Reaktionen an den Finanzmärkten kommen kann. Es ist sicherheitshalber damit zu rechnen, dass es zu inkonsequenten Reaktionen einzelner Finanzakteure kommen wird. Bis auch der letzte Fondsmanager verstanden hat, dass es besser ist, einen Verlust zu akzeptieren, um damit wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen, braucht es wohl ein paar Monate Zeit.
Bis es zu dieser Einsicht kommt, können betroffene Länder vom Kapitalmarkt faktisch abgeschnitten werden. Darauf sollte sich der Internationale Währungsfonds IWF vorbereiten, um sodann kurzfristig mit Überbrückungskrediten beizustehen. Wohlgemerkt: Der IWF und eben keine europäischen Hilfseinrichtungen wie ESM oder ESFS – das wäre nicht vertragskonform.
Nochmals sei in aller Deutlichkeit angemerkt, dass es in Ordnung geht, den Gläubigern von Staatsanleihen Verluste abzuverlangen, schließlich haben sie von den hohen Zinsen bislang profitiert. Ein Anrecht auf risikolose Staatsanleihen ist Unfug. Steigende Zinsen für Staatsanleihen sind ebenfalls richtig, da jetzt Risikoprämien eingepreist werden. Dass dies zeitgleich zu den laufenden Sparbemühungen geschieht, ist nicht schön aber unausweichlich.
Als weiterer Nachteil wird mitunter angeführt, dass sich diese Finanzkrise zu einer Krise der Realwirtschaft, also der Produktions- und Dienstleistungsunternehmen, die keine Finanzdienstleistungen erbringen, entwickeln könnte.
Nun vom Prinzip ist uns eine Krise beispielsweise im Bäckereigewerbe egal, solange wir morgens unsere Brötchen erhalten. So ist es mit dem Geldgewerbe auch.
Solange die Versorgung mit Liquidität der Realwirtschaft für Investitionen, Bauvorhaben etc. gewährleistet ist, spielt eine Krise zwischen Finanzinstituten keine Rolle in der Realwirtschaft.
Diese Versorgungsaufgabe mit Geld haben die Notenbanken – bei uns die Europäische Zentralbank EZB bzw. die Bundesbank.
Dieser Aufgaben sind die Notenbanken gut gewachsen und kommen ihr auch heute schon nach.
Schwierigkeiten bekommt die Realwirtschaft erst dann, wenn sie sich selbst vorher schon in Schieflagen gebracht hat, und dann durch eine Finanzkrise vollends umkippt.
Das haben wir in den Jahren 2008 und 2009 reihenweise erlebt, insbesondere die Bauindustrie war davon stark betroffen. Beispielhaft kann das Platzen der Immobilienblasen in den USA (Subprime), in Spanien und in Irland erwähnt werden.
Gottlob ist die letzte große und reinigende Krise nicht so lange her, sodass angenommen werden kann, dass sich neue Blasen noch nicht wieder bilden konnten.
Natürlich muss sich die Wirtschaft auf den Strukturwandel in den betroffenen Ländern einstellen. Nehmen wir zu Verdeutlichung wieder unser Beispiel Griechenland: Hier ist anzunehmen, dass durch Sparpakete beispielsweise weniger oder keine deutschen U-Boote mehr bestellt werden. In Hellas ist es an Land ohnehin schöner.
Im Beispiel weiter gedacht: Die vielen staatlichen Bediensteten werden von erheblichen Lohnkürzung betroffen sein. Da wird der eine oder andere auf die Idee kommen, ein Hotel oder ein Restaurant zu eröffnen oder sich sonst wie wirtschaftlich zu betätigen. Dadurch entsteht Bedarf in der Gastronomieausrüstung als Beispiel. Darauf muss sich die Wirtschaft einstellen und das kann sie auch.
Kommen wir nun zu den Vorteilen des ehrlichen Weges aus der Schuldenkrise:
An erster Stelle der Vorteile steht die Höhe der Belastungen, die die solventen Staaten Europas, so auch die Bundesrepublik zu tragen haben. Hier stehen die rund 50 Mrd € einerseits gegenüber 211 Mrd € mindestens andererseits.
Ein genauso wichtiger Vorteil ist der klare Schlussstrich der Schuldenkrise durch den marktwirtschaftlichen Weg. In dieser Lösung kommt die ganze Schuldenmisere per Schuldenschnitt auf den Tisch. Das gibt ein reinigendes Gewitter, nach dem sich – auf solider Basis – wieder Vertrauen entwickeln kann. Hier gilt der berühmte Satz: Lieber ein Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende.
Bei der ehrlichen Lösung wäre es des Weiteren vorteilhaft, dass hier die Anreize stimmen. Es ist richtig, dass die Haushaltspolitiker Europas durch die Risikoaufschläge einen klaren Denkzettel erhalten. Nur das kann die Ausgabenfreude dämpfen und zu einer besseren Haushaltsdisziplin führen. Europa wird stabiler!
Mahnende Worte und ein erhobener Zeigefinger aus Berlin oder Brüssel statt dessen würden in Rom, Athen oder anderswo als putzige Gestik mit Unterhaltungswert verstanden werden. Die große Keule der Risikoaufschläge sorgt für bessere Anreize, denn sie wirkt subtiler. Das ist nun mal so !
Ein weiterer Vorteil der markwirtschaftlichen Lösung ist die höhere Wohlfahrt aller Beteiligten in Europa. Das Wohlergehen der Menschen in den betroffenen Schuldenstaaten leidet kurzfristig unter den Sparpaketen. Durch den Schuldenerlass ist das Land schon nach kurzer Zeit wieder handlungsfähig und die Bürger können und müssen sich ökonomisch neu ausrichten. Das führt schon mittelfristig zu mehr Wachstum und Wohlstand als es ein jahrelanges Siechtum mit sich bringen würde, das mit der kollektiven Schuldenverteilung automatisch einhergeht. Bei den Gläubigerstaaten liegt der Vermögensvorteil auf der Hand. Hier kommt es zu weit weniger unkontrolliertem Mittelabfluss als im Fall der kollektivierten Schuld. Auch langfristig ist der ehrliche Weg gut für die Wohlfahrt der Gläubigerstaaten. Im anderen Fall würden hohe Schulden zu Inflation und hohen Steuerbelastungen gerade bei den Gläubigerstaaten führen. Beides dämpft die wirtschaftliche Entwicklung.
Die Steuerungsmöglichkeit des Prozesses ist ein weiterer Vorteil der marktwirtschaftlichen Schuldenlösung: Glaubt denn wirklich jemand ernsthaft, das es gelingen könnte, die Staatsausgaben beispielweise Italiens oder Griechenlands durch einen europäischen oder sogar deutschen Sparkommissar zu überwachen und im Zaum zu halten? Nicht wirklich. Wenn der Wille zu solider Haushaltsführung nicht national mehrheitlich getragen wird, haben Aufsichtsbemühungen keine Chance.
Bei den Steuerungsmöglichkeiten ist es wie bei Anreizen auch: Durch die Freiwilligkeit des Geldleihegeschäftes steuern die Finanzmärkte viel subtiler und somit wirkungsvoller.
Schließlich liegt der letzte nennenswerte Vorteil der marktwirtschaftlichen Lösung in der schnellen zeitlichen Lösung des Schuldenproblems. So ist schon in wenigen Wochen der sogenannte „reine Tisch“ gemacht. Sicherheitshalber ist dann noch ein halbes Jahr mit Turbulenzen an den Finanzmärkten zu rechnen – jedenfalls bis die ersten Ergebnisse der Sparbemühungen sichtbar werden. Ab dann, darf und wird der Weg nur noch aufwärts gehen.
Im Gegensatz dazu ist in der kollektivierten Schuldenlösung absehbar, dass die schon vorher genannte Schuldenparty erst richtig beginnt. Die Abtragungsarbeiten des schon bestehenden Schuldenbergs, ohne die zusätzlichen Schulden, die in diesem Fall wohl noch dazu kommen werden, dauern sicherlich mehrere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Bei manchen Staaten scheint es so, als ob das Anhäufen weiterer Schulden noch gar nicht eingestellt worden ist.  
Mit den genannten Vor- und Nachteile erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aber schon nach kurzer Reflexion wird klar, dass letztlich nur der ehrliche Weg Erfolg haben kann und wird.
Also lassen Sie es uns anpacken!

Ihr Albert Sauter
Albert.sauter@meinungzurpolitik.de
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Vielen Dank